Am Montag, den 05. Dezember 2022 haben Frau Prof. Dr. Sina Ober-Blöbaum (Numerik und Steuerung) und Herr Prof. Dr.-Ing. Henning Meschede (Energiesystemtechnik) im Hörsaal O1 ihre Antrittsvorlesungen gehalten. Prof. Dr. Peter Schreier, Dekan der Fakultät Elektrotechnik, Informatik und Mathematik begrüßte das Publikum zu Beginn der Veranstaltung und stellte beide vor.
Frau Prof. Dr. Sina Ober-Blöbaum startete zunächst mit ihrem Vortrag zum Thema „Geometrische numerische Verfahren in der Simulation und optimalen Steuerung dynamischer Systeme“. Sie erläuterte, warum es unerlässlich ist, charakteristische Eigenschaften wie z. B. die Geometrie des Systems miteinzubeziehen, um sowohl die Effizienz von Berechnungsverfahren als auch die Qualität einer approximierten Lösung zu steigern. In ihrem Vortrag führte sie zunächst Variationsintegratoren ein. Dies ist eine spezielle Klasse strukturerhaltender Integratoren, welche geometrische Eigenschaften des Systems (wie z. B. Erhaltung von Energie, Symplektizität und durch Symmetrien induzierte Impulsabbildungen) an die numerische Lösung vererbt.
Neben der Konstruktion und der Analyse von Variationsintegratoren hoher Ordnung, werden Erweiterungen dieser Integratoren für verschiedene Systemklassen vorgestellt. Frau Ober-Blöbaum zeigte, wie dissipative Systeme mit Hilfe fraktionaler Ableitungen variationell modelliert und simuliert werden können, wie Multiratenintegratoren für Systeme mit Dynamik auf unterschiedlichen Zeitskalen konstruiert werden und wie die symplektischen Verfahren für die numerische Lösung optimaler Steuerungsprobleme zum Einsatz kommen. Zudem wurde gezeigt, wie Symmetrien im dynamischen System ausgenutzt werden können, um Optimalsteuerungs- und Planungsprobleme besonders effizient zu lösen. Insbesondere wurden jüngste Resultate zu Zusammenhängen zwischen Symmetrien in dynamischen Systemen und Turnpike-Eigenschaften des Optimalsteuerungsproblem vorgestellt.
Frau Ober-Blöbaum promovierte 2008 an der Universität Paderborn in angewandter Mathematik. Von 2008 bis 2009 war sie als Postdoktorandin am California Institute of Technology, CA, USA, bevor sie 2009 bis 2015 als Juniorprofessorin erneut am Institut für Mathematik der Universität Paderborn forschte. Vor ihrem Ruf nach Paderborn war sie 2015 bis 2020 als Associate Professor für Regelungstechnik am Department of Engineering Science und Tutorial Fellow in Engineering am Harris Manchester College, University of Oxford.
Im Anschluss referierte Prof. Dr.-Ing. Henning Meschede zum Thema „Integrierte, regenerative Energiesysteme als Basis einer nachhaltigen Wirtschaft“. Seit Oktober 2020 bereichert die neue Stiftungsprofessur zur Erforschung und Entwicklung integrierter, nachhaltiger Energiesysteme die Fakultät. Zuvor promovierte und forschte er an der Universität Kassel, an der er bereits die Koordination von Forschungskooperationen mit Unternehmen aus dem Energiesektor sowie die Leitung von Forschungsarbeiten im Bereich der Energiedaten verantwortete. Nach beruflichem Aufenthalt in der Energiewirtschaft folgte er dem Ruf an die Universität Paderborn.
In seinem Vortrag stellt Professor Meschede dar, welchen Beitrag integrierte, nachhaltige Energiesysteme beim Kampf gegen den Klimawandel und bei der nachhaltigen Nutzung von Ressourcen einnehmen können. Insbesondere der anthropogene Klimawandel ist sehr stark durch unsere tägliche Nutzung von fossilen Energieträgern und den damit verbundenen Treibhausgasemissionen geprägt. Neben der Energiewirtschaft werden fossile Energieträger vor allem in der Industrie für die Erzeugung von Prozesswärme, in Haushalten für die Raumwärme und im Verkehr eingesetzt. Ein wesentlicher Schlüssel zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ist eine erfolgreiche Energiewende in all diesen Sektoren. Integrierte, nachhaltige Energiesysteme zeichnen sich dabei durch wesentlich mehr als den Ersatz fossiler Kraftwerke durch Photovoltaik und Windkraftanlagen aus. Ausgehend von den derzeitigen und zukünftigen Energiebedarfen zeigte Professor Meschede am Beispiel der Elektrifizierung von Prozesswärme, das Energieeffizienz, Sektorenkopplung und Flexibilität zentrale Bestandteile integrierter Energiesysteme sind. Durch die ganzheitliche Betrachtung der verschiedenen Aspekte von Energiebedarf, Energienachfrage und Energieangebot können somit Lösungen ihren Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beisteuern. Für Herrn Meschede steht fest: „Energie aus regenerativen Systemen wird die Primärenergie der Zukunft sein.“